Gemeinsame Forschung der Universitäten Rostock und Greifswald zeigt Lösungen für das größte Klimaproblem Mecklenburg-Vorpommerns

Foto, welches Teilnehmende zeigt. Das 2. WETSCAPES-Statusseminar fand komplett als Online-Videokonferenz mit über 100 Teilnehmenden statt.
Das 2. WETSCAPES-Statusseminar fand komplett als Online-Videokonferenz mit über 100 Teilnehmenden statt.

Am 24. Februar 2021 stellten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Projektes WETSCAPES im Rahmen des 2. Statusseminars die Ergebnisse aus vier Jahren Moorforschung der Öffentlichkeit vor. Das vom Europäischen Sozialfond im Rahmen des Exzellenzforschungsprogramms Mecklenburg-Vorpommerns geförderte Projekt führte verschiedene Fachrichtungen der Universitäten Rostock und Greifswald sowie weiterer Partner aus Mecklenburg-Vorpommern zusammen. Es bündelt die international bedeutende Fachkompetenz der Moorforschung in Mecklenburg-Vorpommern.

Grundlage für eine optimale Wiedervernässung und nachhaltige Landnutzung ist ein umfassendes Verständnis der Eigenschaften wiedervernässter Moore. Deshalb haben (Nachwuchs-)Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Studierende des Projektes WETSCAPES vier Jahre lang untersucht, wie sich die Wiedervernässung der Moore auf Boden, Pflanzen und Treibhausgasemissionen auswirkt. Aufschlussreich war ein Blick in die vergangenen Jahrhunderte. Schon ab Ende des 18. Jahrhunderts wurde durch die Entwässerung der Moore der dort gespeicherte Kohlenstoff schrittweise freigesetzt. In allen entwässerten Untersuchungsgebieten stiegen die Verluste an Ökosystemleistungen bis heute deutlich an. Obwohl diese Verluste in allen wiedervernässten Gebieten wieder sinken, bleiben sie im „Gedächtnis der Landschaft“ erhalten.

Damit Moore zum Klimaschutz und zu weiteren für uns lebenswichtigen Ökosystemleistungen beitragen können, müssen sie dauerhaft nass sein. WETSCAPES konnte zeigen, dass wiedervernässte Niedermoore nicht nur eine deutlich bessere Klimabilanz haben als entwässerte Standorte, sondern auch wieder den Landschaftswasserhaushalt stabilisieren. „In Mecklenburg-Vorpommern sind durch die Entwässerung etwa vier km³ Wasser aus den Mooren verschwunden – so viel wie 500-mal der jährliche Bierkonsum Deutschlands“, verdeutlicht John Couwenberg, Moorforscher an der Universität Greifswald die gravierenden Auswirkungen der Entwässerung. Die Wiedervernässung der Moore ist also auch enorm wichtig, um wieder Wasservorräte in unsere Landschaft zu bringen, wodurch Pflanzen ebenfalls trockene Jahre gut überstehen und die Verdunstung für Kühlung sorgt. Mit der Torfzersetzung durch die Entwässerung können Stoffe, die z.B. im Rahmen der Landwirtschaft auf Böden ausgebracht werden, durch Verlagerung möglicherweise schneller ins Grundwasser gelangen, als bisher erwartet wurde.

Unabhängig vom Moortyp zeigte die Forschung sehr deutlich positive Effekte der Wiedervernässung. Die CO2-Emissionen von wiedervernässten Mooren waren deutlich niedriger als die der entwässerten Moore. Zum Teil wurde in wiedervernässten Mooren sogar mehr CO2 gebunden als freigesetzt.

Zudem zeigten sich bei den untersuchten wiedervernässten Mooren entgegen gängiger Erwartungen keine sehr hohen Methanemissionen. Naturnahe Zustände wiedervernässter Moore hatten die beste Klimabilanz. Entwässerungsgräben hingegen stellen in entwässerten sowie wiedervernässten Mooren einen bisher wenig beachteten Hotspot für klimarelevante Methanemissionen dar.

Neben CO2 und Methan spielt bei den Mooren auch das Treibhausgas Lachgas eine Rolle. Lachgas kann in Niedermooren nicht nur produziert werden, sondern auch aus der Luft aufgenommen und weiter in unschädlichen molekularen Stickstoff umgewandelt werden. Dieser Prozess scheint in Niedermooren wichtiger zu sein als bisher angenommen, so dass diese Flächen unter Umständen sogar als Senken auch für dieses Treibhausgas dienen können.

Die Torfbildung und damit die Bindung sowie Speicherung von Kohlenstoff hängt stärker vom Wachstum bzw. gehemmtem Abbau der Wurzeln ab als vom oberirdischen Pflanzenwachstum. Das Wurzelwachstum ist in Niedermooren bis zu zehnmal höher als auf mineralischen Böden. Auch unter extrem trockenen und warmen Klimabedingungen produzieren wiedervernässte Niedermoore mehr Wurzeln und haben ein höheres Torfbildungspotential als trockengelegte Niedermoore, vor allem durch eine verlängerte unterirdische Vegetationsperiode. 

Bettina Martin, Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes Mecklenburg-Vorpommern, und die Rektoren der beteiligten Universitäten Rostock und Greifswald, Professor Wolfgang Schareck und Professorin Johanna Eleonore Weber würdigten vor über 100 Teilnehmenden die hervorragende Arbeit des Verbundforschungsprojektes zu diesem aktuellen und äußerst relevanten Thema.

Durch das WETSCAPES-Projekt sind die wissenschaftlichen Grundlagen gegeben, damit sich die Landespolitik, aber auch alle Flächeneigentümer verlässlich und konsequent für die Wiedervernässung aller Moore in Mecklenburg-Vorpommern als zentrale Klimaschutz-Maßnahme des Landes entscheiden können.

 

Hintergrund:

Intakte Moore sind Hotspots der biologischen Vielfalt und durch ihre herausragende Kohlenstoff-Speicherkapazität von höchster Bedeutung für das Klima. Entwässerte Moore geben jedoch den über viele tausend Jahre gespeicherten Kohlenstoff als Kohlendioxid an die Atmosphäre ab. Wiedervernässung hält diesen Prozess auf.

In Mecklenburg-Vorpommern sind 13 Prozent der Landfläche durch Moore bedeckt. Etwa 90 Prozent davon sind entwässert. Die Entwässerung der Moore führt zu Zersetzung und Verdichtung des Torfbodens und schließlich zur Sackung des Bodens. Dadurch verlieren die Moore ihre Ökosystem-Funktionen. Nährstoffe aus der landwirtschaftlichen Produktion gelangen verstärkt in angrenzende Gewässer, wertvolle Pflanzen- und Tierarten verschwinden und gleichzeitig werden große Mengen an Treibhausgasen freigesetzt. Von entwässerten Mooren stammen derzeit etwa ein Drittel der gesamten Treibhausgasemissionen Mecklenburg-Vorpommerns. Damit stellen sie die größte Einzeltreibhausgasquelle in Mecklenburg-Vorpommern dar.

Die Moore wurden entwässert, um die Flächen land- und forstwirtschaftlich zu nutzen. Auch wiedervernässte Moore können den Menschen in den Regionen wirtschaftliche Perspektiven eröffnen. Die Bewirtschaftung in Paludikultur ist eine neue Strategie, um die Wiedervernässung mit Land- oder Forstwirtschaft zu kombinieren.

 

ausgewählte Präsentationen des Statusseminars:

• Programm 2. Statusseminar WETSCAPES 24. Februar 2021 

 

Kontakt:
Claudia Schulz, Koordinatorin Projekt WETSCAPES
Universität Rostock  
Agrar- und Umweltwissenschaftliche Fakultät
Grünland und Futterbauwissenschaften
claudia.schulzuni-rostockde